Zofinger Luft (choice)
8 x Fotografien: Inkjetdruck auf Innovapapier, 118 x 80 cm, 60 x 40 cm, 87 x 60 cm, 45 x 30 cm, 15 x 10.8 cm
1 x Video: HD 16:9, 1920 x 1080, Farbe, 9:52, Ton
1 x Silberner Suppenlöffel
1 x Ausgestopfter Rabe
Für die "Auswahl 23" im Aargauer Kunsthaus habe ich einen Teil meiner mehrteiligen Arbeit ZOFINGER LUFT ausgestellt, welche im Frühling 2023 in der Gruppenausstellung “Mindmapping Art” im Kunsthaus Zofingen gezeigt wurde.
In dieser Arbeit recherchiere ich zu meiner Urgrossmutter Clara Bollag und deren Familie, im Zusammenhang mit der Ortsgeschichte Zofingens. Clara Bollag hatte seit ihrer Geburt 1884 in Zofingen gelebt, bevor sie 1904 zum Ursprungsort ihrer Familie, nach Endingen zog. Auf den Spuren meiner Urgrossmutter besuchte ich das Museum Zofingen, die Bibliothek und das Stadtarchiv Zofingens, recherchierte im Archiv des Turnvereins Zofingens, führte Gespräche mit Bewohner*innen und suchte nach Spuren meiner jüdischen Vorfahren.
Das Resultat dieser Recherche ist eine mehrteilige Installation, welche sich aus Fotografien, einem Video, persönlichen Objekten aus dem Nachlass meiner Familie, sowie Fundstücke aus dem Musuem Zofingens zusammensetzt.
Durchfluten
Photogramm on Baryt Paper, behind Glas, variabel sizes:
30.5 x 40.6 cm; 24 x 30.5 cm, 17.8 x 24 cm, 12.7x 17.8 cm
In der Installation stehen vier abgenutzte Holztische, welche die Künstlerin vor Ort in der Synagoge gefunden hat. Sie stehen in einer Gruppe, wie in einem Archiv oder einer Bibliothek. Auf den Tischen liegen Abbilder von amtlichen Dokumenten, ausgeschnitten und unter Glasplatten platziert.
Für die Arbeit «Durchfluten» hat Françoise Caraco das Recherchematerial, welche sie in verschiedenen Archiven gefunden hat, auf Fotopapier gelegt und durchleuchtet. Auf den entstandenen Fotogrammen heben sich die spärlichen Überlieferungen zu ihrer Familiengeschichte ab wie Licht vom Dunkel.
Der Ausgangspunkt der Recherche zu ihrer Familiengeschichte, verbindet Françoise Caraco spezifisch mit dem Ort Hegenheim. Ihr Urgrossonkel, eingewanderter Jude aus Konstantinopel, war einmal mit einer Jüdin aus Hegenheim verheiratet. Die Spuren dieser Familiengeschichte, sowie des gemeinsamen Sohnes Robert Caraco führten unter anderem nach Basel, Zürich, Frankreich, sowie nach Buchenwald, Natzweiler, Dachau und wieder zurück. Ihre Fundstücke - zu Geburt, Aufenthalt, Heirat, Einbürgerung oder Streitigkeiten, Inventare, Listen - was sie über ein persönliches Schicksal verraten oder eben auch nicht zu sagen vermögen, beinhalten jedoch auch immer Leerstellen. Diese Leerstellen zeichnet Françoise Caraco mit eigenen Fragen nach und verwebt sie mit dem Archivmaterial zu einer Geschichte. Diese können Besuchende als Audiospur auf einem Stuhl sitzend und durch das grosse Fenster an der Stirnseite des Raumes blickend hören. Hörend empfinden wir den Weg der Künstlerin und ihrer Recherchen nach, begeben uns auf eine Zeitreise in unterschiedliche Welten und holen durch das Fenster blickend, das Draussen in Gedanken in den Raum hinein.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich Françoise Caraco in ihren ortsspezifischen Installationen mit der eigenen Familiengeschichte. Dabei nimmt sie wiederholt die hinterlassenen Notizen ihres Grossvaters als Grundlage und sucht durch die Kunst, die Lücken zu füllen.
Text: Patricia Hujinen
Audio piece, Durchfluten, 15' 18'', 2023
Spoken by Alma Caraco
Zofinger Luft
Fotografien: Inkjetdruck auf Innovapapier, 118 x 80 cm, 60 x 40 cm, 87 x 60 cm, 45 x 30 cm
Video: HD 16:9, 1920 x 1080, Farbe, 9:52
Besucherinnen und Besucher werden von der vielteiligen Installation von Françoise Caraco empfangen, die sich über zwei Stockwerke verteilt. Caracos Installation mit dem Titel: ZOFINGER LUFT ist eine Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Familiengeschichte. Caraco recherchiert zum Leben ihrer Urgrossmutter Clara Bollag und deren Familie im Zusammenhang mit der Ortsgeschichte von Zofingen. Clara Bollag lebte seit ihrer Geburt 1884 mit ihrer Familie in Zofingen, bevor sie 1892 zum Ursprungsort ihrer Familie, nach Endingen zog. Auf den Spuren Clara Bollags besuchte Françoise Caraco die Bibliothek und das Stadtarchiv in Zofingen, recherchierte im Archiv des Turnvereins Zofingen, im Museum Zofingen und dessen historischen und naturhistorischen Abteilung und führte Gespräche mit Bewohner*innen. Sie suchte nach Spuren ihrer Vorfahren, die jüdischer Herkunft waren. Bei ihrer Recherche erfuhr die Künstlerin, dass Clara Bollags Vater Viehhändler gewesen war, damals eine der wenigen beruflichen Möglichkeiten für Juden. Seine Frau und er lebten mit der Familie an verschiedenen Adressen in der Oberstadt Zofingens. Bollags Viehstall befand sich an der Scheunengasse. Diese Informationen hat Françoise Caraco im Register der Einwohnerkontrolle Zofingen 1898, im Geburtsregister a II, 1883-1891, im Liegenschaftsverzeichnis der Gemeinde-Zofingen von 1886 oder im Steuerbuch der Gemeinde Zofingen 1892-1897 gefunden. Daraus lässt sich auf die Lebensumstände der Familie Bollag schliessen, doch ergibt sich kein Bild, wie ihre Urgrossmutter Clara in Zofingen lebte.
Was mochte die Familie von Clara Bollag 1892 zur Rückkehr nach Endingen bewogen haben? Wo und wie lebte Clara Bollag? Vieles bleibt unbeantwortet. Diese fehlenden Informationen zeichnet Françoise Caraco anhand von bildlichen Leerstellen in der Installation ZOFINGER LUFT nach. Sie visualisiert die Leerstellen einerseits mit Löschblättern welche sie in den Büchern des Stadtarchivs Zofingen gefunden hat, andererseits mit präparierten Vögeln, die in der Zeit von Clara Bollag in Zofingen gelebt haben und die sie fotografiert oder mit unbelichteten Fotonegativplatten, aus dem Nachlass eines Zofinger Fotografen, welche thematisch in Zusammenhang mit der Geschichte der Familie stehen. Finale der Installation bildet das Videowerk: ZOFINGER LUFT, 1878 – 1892, das in bewegtem Bild und gesprochenem Wort die künstlerische Recherche von Françoise Caraco zu Clara Bollag vereint.
Text: Eva Bigler
Tandem im Turm
Fotografien; Inkjet auf Barytpapier, aufgezogen auf Aluminium 60 x 85 cm oder 85 x 120 cm
Fotogramme; Barytpapier, aufgezogen auf Aluminium 45 x 30 cm oder 30 x 24 cm
Mit dem Anliegen, Kunst an den unterschiedlichsten Orten sicht- und erfahrbar zu machen, realisiert das Kunsthaus Aussersihl temporäre Ausstellungen und Projekte, bei deren Umsetzung die künst le risch-kuratorische Kollaboration sowie die Rolle der «Gastgeberschaft» zentrale Motive darstellen. Die Ausstellung «Tandem im Turm» fusst auf Hospi tality und wurde für die im Haus 2 neu angesiedelten Ambulatorien kon zipiert. Auf den Stockwerken C und D sowie F bis M haben die Mitglieder des Vereins Kunsthaus Aussersihl auf je einer Etage Gast künstler:innen zu einer dialogischen «Tandemfahrt» ein geladen. Das befruchtende Potenzial der direkten künstlerischen Zusammenarbeit hat jedes Tandem in kuratorischer Eigenregie genutzt. Entstanden sind
neun eigenständige Inter ventionen, die zu individuellen Kunst erlebnissen einladen. Die Werke sind käuflich. www.kunsthausaussersihl.ch Françoise Caraco & Karin Kurzmeyer
Für das Konzept «Tandem im Turm» haben Françoise Caraco und Karin Kurzmeyer einen vertieften Dialog zwischen ihren jeweiligen Arbeiten entstehen lassen. Caraco zeigt eine Auswahl analoger Fotografien, welche sie seit 2003 fortlaufend erweitert. Für das Stockwerk G wählt Caraco explizit Fotografien aus, die Ein- und Ausblicke festhalten, um den geschlossenen Korridoren entgegenzuwirken: So befindet sich der/die Betrach-tende auf einmal bei den Flamingos im Zoo, erlebt das Umkippen eines Baumes im Wald oder schaut fasziniert auf ein rotes Kabel, welches lose über dem Schlüssel eines Wandkastens hängt. Den Fotografien ist gemein-sam, dass Caraco mit forschendem Blick durch die Kameralinse zufällige Augenblicke festhält und diese für die Ewigkeit einfriert. Kurzmeyer lotet auf experimentelle Weise das Druckverfahren der Monotypie zwischen Komposition und Zufall aus. Inspiriert von Caracos Fotoserie sind mittels Papierfetzen, Schablonen und Ab-drucken, mit Materialien wie einem Farnblatt oder einer Schnur, neue Monotypien für die Ausstellung entstanden. So greift Kurzmeyer inhaltliche und formale Aspekte der Fotografien Caracos auf. Darüber hinaus haben Caraco und Kurzmeyer explizit aufeinander reagiert, in dem sie eine Art Fundkiste oder auch Wundertüte an Mate rialien zusammengetragen haben, mit der beide, in ihrem jeweiligen künstlerischen Medium, die Mate rialien, deren Beschaffenheit, Materialität, Oberflächen und Eigenschaften nutzen. Dabei sind bei Caraco neue Fotogramme und bei Kurzmeyer weitere Monotypien entstanden. Auch hier spielt bei beiden der Zufall – das Festhalten eines Moments – eine wesentliche Rolle. Die im Stockwerk G ausgestellten Werke ermöglichen es dem/der Betrachtenden, fliessende Übergänge und Verbindungen zwischen den Werken, Techniken und Medien zu entdecken: Da erscheint das rote Kabel
in der Fotografie von Caraco und taucht als Abdruck auf der Monotypie von Kurzmeyer wieder auf. Zwischen den Lichtbildern und den Druckbildern eröffnen sich neue inhaltliche sowie ästhetische Bezüge. Die Werke treten miteinander in einen Dialog.
Hidden Istanbul
Fotografien: Inkjetprint auf gmg ProofMedia Newspaper 76g, Grösse: 77.3 x 58 cm oder 43.5 x 58 cm
Buch: Hidden Istanbul, APE#194, Art Paper Editions, Belgien, 2021
How can something that is concealed be represented, be shown? This is precisely what Françoise Caraco has tried to undertake in the current book ‘Hidden Istanbul’. On a quest to find her ancestors, Françoise Caraco travelled to Istanbul numerous times and talked to people who knew or had known a Caraco—or Karako—or at least remembered the name. This afforded her a unique glimpse of the culture of the Sephardic Jews, who have inhabited the Turkish metropolis for centuries but remain unseen by most eyes.
In ‘Hidden Istanbul’ Françoise Caraco sensitively weaves family memories with her own contemporary photographs of her journey and researches, intermingled with various voices from Istanbul’s Jewish community. The result is a rich and nuanced portrait of a vanishing past and a still-vibrant present of the city from the perspective of a largely unknown segment of its population.
Hidden Istanbul
Hardcover 17 × 24 cm, 404 Seiten, 263 Farbfotografien, Language: English, ISBN 9789493146716
Design & Editing: Lien Van Leemput & Françoise Caraco
Design: Lien Van Leemput & Françoise Caraco for 6'56" Art Paper Editions, Belgien, 2021.
Each book comes with a two-sided poster.
How can something that is concealed be represented, be shown? This is precisely what Françoise Caraco has tried to undertake in the current book Hidden Istanbul. On a quest to find her ancestors, Françoise Caraco travelled to Istanbul numerous times and talked to people who knew or had known a Caraco—or Karako—or at least remembered the name. This afforded her a unique glimpse of the culture of the Sephardic Jews, who have inhabited the Turkish metropolis for centuries but remain unseen by most eyes.
In Hidden Istanbul Françoise Caraco sensitively weaves family memories with her own contemporary photographs of her journey and researches, intermingled with various voices from Istanbul’s Jewish community. The result is a rich and nuanced portrait of a vanishing past and a still-vibrant present of the city from the perspective of a largely unknown segment of its population.
From Me To There (work in progress)
Sammlung von 17 Briefe, teilweise handgeschrieben
Ich habe Freunde und Bekannte per Brief angeschrieben und sie gefragt, ob Sie mir über einen Ort auf der Welt schreiben könnten, welcher für Sie von Bedeutung ist, den sie jedoch wegen der Covid-19 Situation im Jahr 2021 nicht besuchen konnten.
Aufruf zum Briefe schreiben über einen persönlichen Ort der Sehnsucht, anlässlich des internationalen Museumstags von 15. / 16. Mai 2021
From Me To There
Mit gewissen Orten auf dieser Welt identifizieren wir uns: Es kann der Ort sein, wo wir aufgewachsen sind, wo wir immer hinreisen, wo wir wichtige Abschnitte des Lebens verbracht haben. Oder Orte, mit welchen wir uns irgendwie verbunden fühlen oder zugehörig fühlen. Diese Orte können eigentlich überall auf der Welt sein.
Aufgrund der aktuellen Situation jedoch ist das Reisen verhindert oder beträchtlich erschwert. Wir können nicht mehr einfach so ins Ausland fahren, unser Heimatland besuchen, oder die Orte aufsuchen, die für uns von Bedeutung sind. Jene Orte rücken physisch in die Ferne. Dennoch verbinden wir uns in Geschichten, Erinnerungen und Sehnsüchten mit ihnen.
Aufruf!
Erzähle jemandem, auf maximal einer A4-Seite, von jenem Ort, den du momentan nicht besuchen kannst, den du aber besonders vermisst, oder mit dem du dich verbunden fühlst. Adressiere deine Erzählung an eine Person, die dir nahesteht, in deutscher oder englischer Sprache, wenn möglich von Hand geschrieben. Orientiere dich für die Beschreibung deines gewählten Ortes an den untenstehenden Fragen. WICHTIG: Erwähne dabei nicht den Namen des Ortes.
Fragen:
Wie sieht dieser Ort aus?
Was macht diesen Ort so besonders für dich?
Mit was verbindest du diesen Ort?
Wie riecht oder klingt dieser Ort?
Wann warst du das letzte Mal dort?
Deine Erzählung soll Teil der künstlerischen Arbeit from me to there werden, mit der Idee, deinen Beitrag für ein öffentliches Publikum einsehbar und lesbar zu machen. Die Beschreibung deines gewählten Ortes ermöglicht es dir und den Lesenden, zumindest gedanklich, für einen Moment an diesem Sehnsuchtsort verweilen zu können. Diese momentane Verbindung verstehe ich als Akt gegen das Vergessen. Denn je länger es uns nicht möglich ist, jene Orte aufzusuchen, desto mehr werden diese verklärt und rücken weiter in die Ferne.
Die Arbeit from me to there wird am Wochenende des Internationalen Museumstags, 15./ 16. Mai, auf Initiative des Kunsthauses Aussersihl, in Zürich ausgestellt. Ich plane, ausgewählte Briefe während der Ausstellung vorzulesen.
Schicke mir deinen Brief bis am Freitag, 7. Mai per Post, an folgende Adresse:
Françoise Caraco
Schöneggstrasse 5
8004 Zürich
Ich freue mich bereits jetzt auf deinen Beitrag. Vielen Dank!
Françoise Caraco
Unhidden Secrets
Polaroids and Text fragments printed on A3 Laserprints
The artists Françoise Caraco and Eliane Rutishauser worked on site in collaboration with the public. They posed the question: What personal possessions in pockets, handbag or wallet do you carry around throughout the day? The layed out items were photographed and in addition, the participants wrote something which exended the picture with a story, an incident or memories the particular objects contains for their owners.
The same questions have been posed to participants in Switzerland on the occassion of the Kunst Zürich Artfair 2019.
The statements and the polaroid pictures from both on site projects are assebled on the walls of the Gallery.
The polaroids provide the viewer with less than an accurate picture. Rather they give an idea of the articles photographed and thus, toghether with the writen accounts, open an imaginative space for the observer.
The artists are interested on the cultural coloration of the word - picture combinations and on seemingly banal activities which tells of the everyday life on different parts of the world today.
Circumstances (version 1)
Gegebenheiten // Circumstances (2012), work in progress
A4, laserprint on recycled paper
Françoise Caraco’s work Gegebenheiten consists of loose white sheets on which short stories are printed in the form of small columns. The short texts are language depictions of simple and personal incidents. Artists, curators, collectors, gallerists, critics and exhibition visitors – all of these figures from an art context are alloted their own roles in the piece and become protagonists of fleeting enactments that could also be pieces of larger stories. The mood switches from deep ernestness to light-hearted persiflage, again and again raising a smile from the readers. The work – described by the artists as ‘work in progress’, and as such susceptible to extension by means of further observations – represents a form of everyday phenomenology of the art context. Whether universal statements about a whole milieu can be distilled from the descriptions of these singular circumstances is left to beholder.
Text: Irene Grillo, 2012